Keine Band der Welt schafft es gleichzeitig komplette Hysterie und innige Sehnsucht nach Harmonie in eine Musik zu giessen - ausser „Of Montreal“, jene Band rund um Sänger und Kopf Kevin Barnes, der nun gerade wieder zugeschlagen hat: „Paralytic Stalks“ heisst das neue Album, und es zerbirst wieder vor Ideen, die andere nicht in zehn Alben haben. Der Popentwurf, der dem ganzen Wahn hier zugrunde liegt, ist in der Tat paralysierend, und lässt einen auch nicht mehr los, als würde man von dieser Musik gestalkt. Was passiert hier? Ein Rhythmus, merkwürdige Gitarren, aus der Ferne mehrstimmige Kevin-Barnes-Chöre, die Main-Vocals über das Wah-Wah gesungen, Breaks und dazwischen Melodien, die klingen wie Beatles-Left-Overs, dann wieder Bandrock, bis man merkt: Irgendwohin sind die jetzt zurückgekehrt, das habe ich schon mal gehört - eine Songstruktur? Wohl schon, aber zerborsten von merkwürdigen Störfeuern, Löchern, die im nächsten Moment von bombastischen Streichern zugeklebt werden, bis sich die Streicher wieder in 12-Ton-Musik zergehen. Neues Lied? Nein, das ist noch dasselbe, doch nicht? Man weiss es nie so genau, schon gar nicht bei diesem neuen Werk, bei denen die Lieder, so sie als solche eben identifiziert werden können, auch noch nahtlos ineinander übergehen - gerade kommt aus dem Nichts ein Samba namens „malefic dowery“, welcher mit Beach-Boys-Chören und dramatisch flimmernden Flöten aufwartet und der im Verhältnis des Gesamtalbums irgendwie ganz bleibt, was nach 20 Minuten dieser Platte fast noch verstörender wirkt als die Umwucht des Wahns, der Wahn der Umwucht, die Wucht des Umwahns - oder wie immer man das nennen will. Hier ist wirklich nichts so, wie man Popmusik vorher kannte - noch nicht mal die von Of Montreal auf den vorigen Platten. Neben Beatles und Beach Boys fallen einem noch siebenhundert andere Parallelen ein - meist Wahnsinnige mit „P“: Prince, Pink Floyd, PIL, Pet Shop Boys, Peter -Fox, -Licht und -Gabriel - irgendwann fragt man sich: Was müssen das für Irre sein? Ich mach das jetzt aus.
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