Aufmerksamkeitsmanagement // In Zeiten der Omnipräsenz der Medien ist die Aufmerksamkeit, die eine Person im Fernsehen erzielen kann, ein seltenes Gut, eine Ressource also, die man verwalten, managen kann. Unseliger Weise war es die Musikindustrie, die als erste Verstand, daß man, wenn man die Aufmerksamkeit chronologisch kanalisiert und damit dramaturgisch strukturiert, Kapital daraus schlagen kann, und sie erfanden die Castingshows. Hier wird Aufmerksamkeit, die den jeweiligen Kandidaten zuteil wird, vermarktet, und um sie zu erzielen, ist diesen Kandidaten zunächst einmal jedes Mittel erlaubt: Singen, Sex, Tumbheit - egal. Um dennoch die Illusion hochzuhalten, es ginge um Musik, wurde dem Zuschauer, dessen Aufmerksamkeiten durch die Telekom gemessen wird, ein Kompetenzteam zur Seite gestellt, welches Jury genannt wurde - deren Urteil freilich spielt in den meisten der verschiedensten Reglements nur eine dem anrufenden Zuschauer untergeordnete Rolle. Die Jurys in dem Dilemma durch die Illusion, es ginge um Musik, begründet zu sein, erfanden rationale Kriterien, die einem angeblich Zugang in die Welt des Pops gewähren: Singen können, tanzen können etc. Dabei war und ist Qualität natürlich niemals ein Kriterium von Pop. Unabhängig davon hatte die Musikindustrie mit dem Boom dieser Shows ein ungeahntes Problem: Sie schalteten wochenlange Werbeblöcke für Produkte, die es zum Zeitpunkt dieser Werbung noch gar nicht gab, denn diese Produkte sind die Platten derer, die zur Belohnung für die wochenlangen Strapazen eine machen dürfen. Um diese Platten zu produzieren bleibt dann weniger Zeit, als es zuvor für die Werbung gab, und dieser Umstand hat dazu geführt, daß weltweit noch keine Castingshow in der Lage war, Musik hervorzubringen, die über das Besingen kalt vorproduzierter Hit-Ladenhüter-Tonspuren hinaus geht. Ausnahmen bilden allenfalls Will Young und Lena Meyer-Landrut.
Es gibt schon auch objektive Kriterien für Pop-Musik, nur die Intonierung (also das treffen von Tönen), für die Kunstmusik von einiger Bedeutung, spielt in der Pop-Musik praktisch gar keine Rolle.
Phrasierung, Timing oder Akzent (musikalisch) sind z.B. einige Schlagwörter.
Kommentiert von: Bombadil | 02. Juni 12 um 14:17 Uhr