Zwei grossartige Alben berufen sich auf Tony Allens Schlagzeugstil
Der Afrobeat, den Tony Allen für Fela Kuti als Einzelschlagzeug-Emulsion der polyrhythmischen Strukturen nigerianischer Musik zur Fusion mit Funk erfand, dient seither als Blaupause und Inspirationsquelle unzähliger Musikstile, die sich in irgendeiner Form als Weltmusik verstehen. Die Bandbreite seiner Formbarkeit zeigt sich in derzeit wieder in zwei höchst unterschiedlichen Alben, die sich in ihrem zu Grunde liegendem Popentwurf auf Kuti und Allen und den Afrobeat beziehen und dabei eben zu extrem unterschiedlicher Musik finden.
Da ist zu einem der Südafrikaner Yannick Illunga, der den Künstlernamen „Petite Noir“ gewählt hat, und der für sein Debut-Album als dieser Petite Noir den Afrobeat mit einer Prise New Wave unterzieht. Die Platte „La vie est belle“ klingt als wäre Tony Allen Schlagzeuger bei „Heaven 17“ gewesen, und alle könnten sich am meisten auf Depeche Mode einigen. Der Sound, der bei diesem Mischmasch heraus kommt, ist einerseits sehr konsequent und logisch, so dass, wenn das Ganze zündet, es zu melodisch-extatischer Musik fusioniert, andererseits ist das Ganze dann aber auch so abwegig und spezifisch, dass der Entwurf zwar für ein ganzes Album reicht, dennoch aber mit jedem Song, jedem Track wieder behauptet werden, vom jedem Song erst einmal wieder neu definiert werden muss. Das macht die ganze Sache ein ums andere mal ein wenig anstrengend, aber da muss man durch, und wenn man durch ist, wenn man diese Platte drei, vier Mal gehört hat, geht noch einmal eine neue Poptür auf, und man flippt innerlich wie äusserlich aus. Sehr camp das Ganze, sehr kompakt, sehr klar, in dem, was es will und auf jeden Fall unfassbar einzigartig.
Ein wenig eingängiger aber nicht minder einzigartig ist das zweite Album des englisch-malawischen Duos „the very best“. Die beiden Musiker und ihre vielen Gäste elektrifizieren und verlangsamen den Afrobeat und unterkellern ihn mit Portishead. In Kombination mit den Melodien des wunderbaren Sängers Esau Mwamwaya kommen dabei einige erstaunliche Hits heraus - das betörend verschleppte „Hear Me“ beispielsweise, nach dem Intro der erste Song der Platte, ein klagender und anklagender Gospel über die politische Situation Malawis - hier wird einerseits die Freude der Unabhängigkeit besungen, andererseits die starre Struktur des zentralafrikanischen Staates, die Korruption und die Armut. Fast schon thematischen Bezug nimmt das allerdings deutlich fröhlichere, hüpfende, zum Tanz einladende Stück „Let Go“ (Zesiy), eine Aufforderung sich nicht dem Streben nach Geld und Reichtum zu unterwerfen - es ist hierbei ein Segen, dass dem Album die ins Englische übersetzten Texte beiliegen. Der Sound dieser Platte macht glücklich, man hört zu jeder Sekunde, und dies auch ohne die Texte mitzulesen, dass es in dieser Musik um etwas geht, es ist Druck und Schönheit dahinter, was wundervoll ist - konnte ich mit dem Debut des Duos gar nicht so viel anfangen, so ist dieses zweite Album - „makes a king“ - eine echt Entdeckung, eine der schönsten Platten dieses Jahres.
Kommentare