Die neue Kolumne mit kürzlich erschienenen Singles
041118 /// Clean Bandit sind ein kleines, gepflegtes Mysterium. Die britische Synthiepop-Formation besteht nominell aus einer Cellistin und Sängerin, einem Schlagzeuger und einem Bassisten und Saxofonisten - die Namen der drei kennt kaum jemand, und jeder kann sich unbehelligt in urbanen Raum bewegen, ohne erkannt zu werden, und dennoch hat diese Formation um die 20 Millionen Tonträger verkauft. Abgesehen davon klingt ihre Musik auch weniger nach den genannten Instrumenten, im Grunde ist das klassisch britisch unterkühlter Synthiepop, und - das ist vielleicht das Alleinstellungsmerkmal ihres Popentwurfs - sie haben als SängerInnen immer Gäste. Für die vierte Single ihres Ende des Monats erscheinenden Albums „What is love?“ haben sie sich gleich mal eine der tollsten Popsängerinnen überhaupt eingeladen, Marina Dimandis, welche unter dem Namen Marina & The Diamonds drei exzellente Platten mit einem sehr toll gesungen, sophisticaten Dancepop gemacht hat. Bei besagter „Clean Bandit“-Single rettet sie einen mediocren Song aus der Beliebigkeit - ihr Pop-Sopran, der genug Jazz mitschwingen lässt, um selbst blubbernste Song-Lappalien schillern zu lassen, schlägt auch dieses Mal in den Bann - das Lied „Baby“ bekommt nicht einmal Luis-Despacito-Fonsi in den Mallorca-Wegwerf-Pop gelenkt. Was aber Marina Diamandis für sich selber in Anspruch nimmt, sich nämlich selber sängerisch heraus zu fordern, das geschieht hier nicht - dennoch ein letztendlich schmissger Sommerhit im Herbst. /// Andere Wiese: Dagobert. Der hat seinen urbanen Schlager inzwischen auf zwei Alben so klar ausformuliert, das man die erste Single „Du und ich“ seiner erst im März erscheinenden dritten Platte schon als klassischen Dagobert-Song werten kann - mit einer so wunderbaren Zeile wie „es macht keinen Sinn, dass ich nicht bei Dir bin“. Wieder geht es also um die unerfüllte Liebe mit leicht schweizerischem Timbre und Akzent, und allmählich schwindet auch die bislang immer mitschwingende Frage, wie ernst er das, was er macht, meint - man nimmt es hin, und das tut der Sache gut, ich mag das sehr. /// Ach wenn er doch einfach seine Klappe halten würde, und das machen würde, was er kann, der Morrissey - Rockmusik. Man kann es ja kaum mehr neutral geniessen, bei dem Stumpfsinn, den er in Interviews von sich gibt - selbst wenn man hysterischer Fan ist. Jetzt hat er eben mal einen Song aus dem Ärmel gecovert, den er schon oft in Konzerten auf der Setlist hatte - „back on the chain gang“ von Patti Smith. Das schnalbt so postpunkisch lakonisch und lässig aus den Boxen, so beiläufig rätselhaft, erhaben und traurig, dass man es doch wieder geniessen kann. Wunderbar!
/// mehr zu Dagobert im Popticker findest Du < HIER > - zu Clean Bandits grösstem Hit "rather be" < HIER > - naja, und Morrissey war hier natürlich auch schon < THEMA > ///
Asche! auf mein Haupt - "back on the chain gang" ist natürlich nicht von Patti Smith wie hier behauptet - sondern von den Pretenders ... https://www.youtube.com/watch?v=CK3uf5V0pDA
Kommentiert von: David Gieselmann | 02. Dezember 18 um 08:15 Uhr