„Licht“ - das neue Album von Nena
Wer Nena kürzlich bereits zur Aluhüterin abschrieb, hat vielleicht doch ein wenig zu schnell gehandelt - ihr merkwürdiges Instagram-Statement, das die Gerüchteküche anheizte, enthielt zwar vielerlei Andeutungen, die man als Elemente einer Verschwörungserzählung lesen könnte, letztlich war es aber nicht mehr als esoterisch und religiös aufgeladene Promotion-Lyrik für ein neues, ebenfalls esoterisch und religiös aufgeladenes Album namens „Licht“. Und nachdem die Wetteinsätze für den nächsten Nervenzusammenbruch eines Promis ohnehin schon warm liefen und Nena zu den gesetzten Sänger*innen gehörte, war der Empörungs-Automatismus nicht mehr aufzuhalten - die Kirche im Dorf lassend habe ich mal „Licht“ angehört.
Nena schreibt schon immer im klassischen Pop-Lyrik-Dreieck von „Ich“, „Du“ und „Wir“, und mit diesen singenden Ichs und Adressaten laviert sie zwischen Zeit- und Schicksal-Allegorien durch die Popwelt und geschickte Melodien. Ihr Popentwurf ist von einer gewissen angeborenen Euphorie und chronischen Optimismus geprägt, und manchmal fundiert er in Geschichten oder Liebesliedern, immer aber ist die Rede von Wundern, Natur, Luftballons und Träumen, Wasser und Bäumen. Da passt Licht, und Licht, das Eintreten in es, ist hier auch im wenig versteckt religiösem Sinne. Das ist natürlich mehr als Ordnung, aber man kann das natürlich auch getrost ablehnen - verschwörerisch ist es wie gesagt in keiner Weise.
Merkwürdiger Weise fehlt dem neuen Album ein wenig der Sound-Pathos, ein Klangbett, das dem ganzen Nenaschen Kratzen an der Grenze zum Wahn eine musikalische Hand reicht. Die Platte ist voll von lakonischem Synthiepop, der sich aber nie mit elektrischen oder realen Streichern vollklebt und auch kaum Ausbrecher in Rock unternimmt. Eher schon hört man, ohne dass ich nun weiß, wer das Album produziert hat, dass Nena kürzlich auf dem Album des Produzenten-Trios „Kitschkrieg“ zu hören war - bröckelnde Beats, die im zweiten Stock aufgeflächt werden wie im Song „Zimmer“, oder Post-Punkt-Remember-Drums mit leicht scharfem Synthie-Riffs wie bei „Zurück in die Zukunft“.
Durch die fehlende Handreichung zwischen Nena-Euphorie und Produktion gehen der Platte in der Summe ein wenig die Hits ab, der leicht ironische Klang mit den ganz und gar uninronischen Texten verfangen sich auch nirgendwo in Ohrwürmern oder Rätseln, die man noch einmal hören möchte - oder kürzer: in der Summe recht mittelmässig.
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