Die zehnte Staffe „The Voice Of Germany“
Die Assoziationsketten bei den Frotzeleien zwischen den Coaches bei The Voice Of Germany sind auch ganz hübsch. Rea Garvey buzzert einen bayrischen Kandidaten, der ein Lied von Hubert von Goisern mit Jodel-Einlagen gesungen hat, erklärt daraufhin er möge auch Trachten, erzählt, er habe im Kilt geheiratet, und Mark Forster schliesst daraus, deswegen würde sich Garvey also dem Rock zugehörig fühlen, woraufhin Garvey mit seinem Kollegen Samu Haber am Ende der Show Rammstein covert - die Spitzen, die sich die Coaches zuschiessen sind längt in einer Meta-Ebene angekommen, auf die die Kandidat*innen teils gar nicht folgen können. Diese schauen dem Treiben dann zu, als wären sie Zeugen einer Party, bei der sich nach zwei Gäsern Gin-Tonic die Insidergags um sich selber drehen. In den besten Momenten wird diese eigentlich als Casting-Show firmierende Sendung dann zu absurdem Gaga-TV.
Abgesehen davon ist bei The Voice doch nach wie vor sehr erfreulich, dass hinter dem Ganzen durchaus ein offenes, diverses und freies Gesellschaftsbild steht. In den bisherigen Blind-Auditions sah man Kandidat*innen aus verschiedensten Schichten, queere Menschen, verschiedenste Hautfarben, Transsexuelle, Hippies, Metaller, Models und was nicht alles. Im gewissen Sinne ist diese Diversität das Hauptindiz für das Selbstverständnis dieser Sendung, dass sie sich aus dem Kosmos der Popmusik speist - mehr noch sogar als der Umstand, dass dort Menschen Lieder singen. Denn dieses Liedersingen ist, wie man es dreht und wendet, immer doch sehr durch das Format terminiert. So hat in dieser den Erfolg ausmachenden ersten Phase der Blind Auditions jeder Singende eben immer nur eineinhalb Minuten - mithin also die Hälfte der Dauer eines klassischen Popsongs. (Welche Songs aus welchen Gründen bei den Blind Auditions am erfolgsversprechendsten sind, dazu gibt es hier im Popticker auch in diesem Jahr wieder die große Statistik „Infratest Voicemap“ - konkret am 02.11. Die Statistiken von vor zwei Jahren findet ihr < HIER >)
Schön wäre allerdings, wenn sich diese besagte Diversität auch in den Coaching-Stühlen widerspiegeln würde. Einerseits hat man in diesem Jahr endlich mal zwei Frauen - hat sie aber dann in ein Team sortiert (Stefanie Klose und Yvonne Catterfeld). Zudem: So sehr sich die Coaches auch wie erwähnt kleine Streitereien über ihre jeweiligen Popentwürfe und Genres liefern, so stammen sie alle doch irgendwie aus dem radiotauglichen Mainstreampop und unterscheiden sich darin nur in Nuancen voneinander. Da können Samu und Rea noch viermal Rammstein covern: Ihre Genre ist Pop mit den Mitteln des Rock. Nico Santos macht Pop mit ein paar Ingredenzien aus dem Popsoul. Mark Forster macht Pop ohne überraschende Zutaten, Stefanie ist Sängerin einer Popband mit Stilmerkmalen aus Rock und Singer- und Songwriting, und Yvonne Catterfeld sucht den Chanson im Pop. (Lobend erwähnen muss man an der Stelle: Nico Santos, was immer man von seiner Musik halten mag, kennt nahezu ausnahmslos sämtliche dargebotenen Lieder und hat deren Texte parat. Das ist schon erstaunlich, da sitzt wirklich ein Musiklexikon. Sein Wissen reicht auch durchaus in Jahrzehnte, in denen er noch gar nicht am Leben war.)
Ziemlicher Unsinn ist übrigens die so genannte Comeback-Stage - ein fünftes Team, das sich Christian Schulte aus Ausgeschiedenen baut. Mit diesen veranstaltet The Voice dann eine Online-Show, die sich anfühlt wie The Voice für Arme. Alles in allem macht diese Sendung immer noch Laune, aber das Grund-Dilemma kommt ja erst in der nächsten Phase zum Tragen: Erst tun die Coaches alles, um Leute in ihr Team zu holen, um danach etliche aus ihren Team raus zu schmeissen. Ab dann macht es mir zumindest dann meistens keinen Spass mehr.
Kommentare