Die Postcharts von Freitag den 22.01.21
- neue Kolumne: Postcharts am Freitag
Mangelnde Stilvielfalt kann man der Spitze der Album-Charts derzeit nicht vorwerfen: Auf Platz eins ist deutsch-gerufener Trap-Rap mit Relikten von Sprache, auf Platz zwei befinden sich nordisch-mythische Männer-Choräle von einer Metalband für eine Wikinger-Serie, den dritten Rang belegt kosmopolitischer Dancefloor, und auf Platz vier sind die drei Fragezeichen. Wenn man dafür noch eine Klammer finden wollte, so muss man wohl auf einen Begriff zurückgreifen, der in Zeiten der Pandemie auch für den Netflix-Boom verantwortlich zeichnet: Eskapismus; die genannten vier Alben handeln von Orten, wo man gerade nicht ist: Muckibude, Mittelalter, Tanzfläche und Rocky Beach. So ist in allen Alben auch Corona drin - wenngleich immer nur in zweiter Ableitung.
Auf den Plätzen 5 bis 50 wird es ein wenig eintöniger: Viel Metal (spacige Cover mit mystisch überhöhten Bandlogos), viel Schlager (der gerne gerne mit rechtfertigendem Trotz zusammen gestellt wird: Ich Mag Schlager, Schlager ist toll, lasst mich doch in Ruhe, ich höre halt Schlager - so heißen die dann) und viele Best Ofs von alten weißen Männern mit Gitarre - Eric Clapton, Mike Oldfield oder Chris Norman zum Beispiel. Vieles ist dabei auch in den Charts, weil iTunes es gerade für 4,99€ raushaut. In den heutigen Charts regeln nicht Angebot und Nachfrage den Preis, sondern Preis und Angebot regeln die Nachfrage und somit die Chartplatzierung.
Irgendwie traurig. Und jedenfalls kein Abbild dessen mehr, was gerade cool ist. Eben Post-Charts.
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