80er-Erfolg verwalten mit Eros, Billy und Marian
„Wer sich an die 80er erinnern kann, hat sie nicht erlebt.“, hat Falco einst gesagt, und wir hatten hier im Popticker erst kürzlich wieder fest gestellt, dass, diejenigen, die sich heute auf die 80er berufen, nicht unbedingt Menschen sein müssen, die in den 80er schon auf der Welt waren; aber dennoch gibt es natürlich Musiker:innen, die sich zwar vielleicht nicht an die 80er erinnern, die sie aber erlebt haben und auch heute noch leben - schauen wir also heute auf drei solcher Interpreten, ja, es sind alles Männer, die in den 80ern bekannt wurden und alle drei soeben neue Veröffentlichungen auf den Markt geworfen haben: Alphaville, Billy Idol und Eros Ramazzotti.
Billy Idol ist auch 2022 und mit bald schon 70 Jahren auf dem Buckel Billy Idol; oder vielmehr ist William Michael Albert Broad mit der von ihm erschaffenen Kunstfigur Billy Idol immer identischer geworden, und jetzt leben zwei Seelen, ach, in seinem nach unten gezogenen Mundwinkel. Merkwürdiger Weise funktioniert seine Musik auch immer noch gut: Seine soeben erschienen EP „The Cage“ mit vier Songs jedenfalls zeigt das altbewährte Idol-Rezept: Harte Gitarren-Kaskaden von Steve Stevens werden mit den Mitteln des Pop gebändigt zu einem, klar, Poprock, der jederzeit von Messers Schneide in Hardrock oder fluffigen Pop kippen kann. Zwar sind die vier neuen Songs keine Hits wie „Flesh For Fantasy“ oder „Eyes Without A Face“, aber Hits hat er ja schon, und eine solche EP wie diese Neue jetzt ist auch eher da, um nicht einzurosten und an alte Hits zu erinnern statt neue zu liefern.
Selbiges könnte man über Eros Ramazzotti sagen, aber sein neues Album „Battito Infinito“ ist schon um einiges aufwendiger als eine EP auf Rezept. Ramazzotti bindet hier in seinen klassischen Italo-Rock-Sound Latin- und Afro-Beats, dotzenden Pop und symphonische Breite ein. Natürlich ist das alles gefällig und als Restaurant-Hintergrund tauglich, dennoch kann man nicht den Vorwurf erheben, hier ruhe sich jemand auf seinen Lorbeeren aus - mit "Madonna De Guadalupe" ist eine veritable Weltpop-Perle gelungen, und "Filgli Della Terra" ist ein Italo-Ohrwurm im Duett mit Jovanotti, dass man gleich noch einen Wein bestellen möchte: Das Album ist interessant und abwechslungsreich.
Keine wirkliche Idee, wie man 2022 mit dem Erbe einiger Hits in den 80ern umgehen könnte, haben Alphaville bislang gehabt - zunächst hat sich die Idee Alphaville durchaus verkürzt auf deren Sänger Marian Gold, der es auch schon im Popmusik-Fernsehen versucht hat und nun als einziges Bandmitglied auf dem neuem Album zu sehen ist - als weiß getünchte Steinfigur, als wäre er ein Denkmal. Man fragt sich schon bei dem Cover, was man sich dabei gedacht hat. Und die Musik auf der Platte sind Orchester-Versionen der Alphavillschen Synthiepophits, und diese ganzen Orchester-Projekte von Pophits haben fast noch nie funktioniert. Nicht mal Sting hat das hinbekommen. Aber bei Alphaville ist das Ganze wirklich vollkommen überflüssig: Das Filmorchester Babelsberg ist so komprimiert zusammen produziert, dass sie wieder wie Synthies klingen, und die Akzentuierungen in den teils ja doch recht filigranen Originalversionen sind daher so abgeschliffen und eingedampft, dass diese Neuaufnahmen flach und langweilig daher kommen. Nirgendwo ist eine Idee zu spüren, worin der Mehrwert dieses Albums sein könnte, ausser eben mehr Wert zu suggerieren.
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