Der Songwriter Davidson, der für einen Band-Trend steht
In der Corona-Krise wurden sehr viel Instrumente verkauft, und wenn man sich derzeit so durch Tik Tok oder Instragram klickt, bekommt man den Eindruck, dass die Menschen auch geübt haben: Allerorten spielen sie Pink-Floyd- oder Dire-Straits-Gitarrensolos nach, Mandoline scheint im Kommen, Drum-Tutorials hier und dort, und auf Tik Tok ergänzen sich Menschen zu Funk-Bands im virtuellen Raum, sie remixen, überblenden und ergänzen sich, und ein sehr kompakt trockener Funk-Soul-Sound scheint total in. Ich bekomme zudem zunehmend den Eindruck, dass auch aller-offline-orten Bands aus dem Boden spriessen - diese präsentieren sich in online-Medien, in Clubs und Probenkellern, und auch beim Reeperbahnfestival in diesem Jahr schien mir der Trend angekommen, wo deutlich mehr Bands die Clubs fluteten als in den Jahren während und vor Corona.
Womit wir bei beim Sänger, Gitarristen und Songschreiber Davidson wären, der zwar den Namen eines Solo-Künstlers trägt, aber dennoch für den Sound einer, seiner Band steht - deutschsprachigen Songwriting-Funk könnte man das Schubladenfach nennen, wenn man es denn benennen will: Versierte Musiker:innen spielen Popsongs mit E-Piano und staubtrockener Snare, bettigem Bass und prima Texten aus un-songigen Zeilen: „Selbstironie will ich nicht mehr verstehen / Dürfte ich dich nicht mehr sehen / Es ist Utopie, dass du Nichts von dir erzählst / Nur deinen Namen, Josephine.“, hier formuliert jemand Unsicherheiten einer Generation, von denen ich als 50-Jähriger nicht viel weiß. Popmusik erzählt nun davon.
Davidson hat soeben zwei live aber mit Studiobedingungen eingespielte EPs zu einem Vinyl-Album zusammen gefasst, und der sessionhafte Bandsound passt großartig zu den suchenden Lyrics und zeigt gleichzeitig eine Band, die sich schon gefunden hat - trocken schnuppert sie in zig Genres hinein, verbleibt nirgendwo länger und ist gerade dadurch ziemlich da. Gute Texte, toller Sound - einzig in den Kompositionen ist noch Luft nach oben: Die Melodien gehen oft den nächst gelegenen Weg und folgen den Pfaden der Lyrics, wie man sie spräche, Überraschungen bleiben da ein wenig selten, obgleich wie erwähnt Zeilen nicht klassischen Song-Paradigmen folgen. Ach naja, wenn alles perfekt wäre, wäre es ja aber vielleicht auch wieder öde. Diese „Utopie“ ist wirklich tolle Popmusik, hört doch mal rein - auf dem YouTube-Kanal von Davidson findet man sehr schöne Videos zu dem Doppel-EP-Album:
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