Fast könnte man denken, Folk habe Hip Hop als das wesentliche Genre im Pop abgelöst. - vielleicht übertriueben aber, in Zeiten, in denen Beyoncé ein Country-Album heraus bringt, kann ein neues Bon Iver Album eben auch aus Berlin kommen. Mutmasslich kann der Sänger und Songwriter „Sorin“ den Bon-Iver-Vergleich auch nicht mehr hören, aber die Art und Weise, wie hier Songs, die man als Folk verortet in spacig-elektronische Synthiebreiten gezogen werden, ist sicherlich eine Vorgehensweise, um den Popentwurf des ursprünglich rumänischen Musikers „Sorin“ zu beschreiben. Auch die zurück gehaltene und dennoch präsente Stimme Sorins trägt dazu bei; manchmal weiß man nicht genau, ob sie chorisch geschichtet wurde oder natürlich vielschichtig klingt - Spoiler: beides kommt vor. Und immer wenn man auf diesem Album „While The Tides Turn“ denkt, man sei doch bei Synthpop gelandet, kommt schon wieder eine Akustikgitarre um die Ecke; und umgekehrt. Irgendwann aber gibt man das Schubladen-Denken auf und sich der Platte hin.
Dazu passt, dass das Album auch lyrisch von Veränderungen handelt, und der Tatsache, dass der Effekt der Veränderung irgendwann zur Konstante wird, oder dass es immer auch Sinn machen kann, der Eintönigkeit des Alltags etwas Einzigartiges, Verändertes abzuringen. Die Art und Weise, wie sich Musik und Texte die Hand geben, macht „While The Tides Turn“ fast zu einem Konzeptalbum, das dazu einlädt es mehrfach im Ganzen zu hören.
Dennoch gibt es natürlich auch Songs, die als Einzelwerke Bestand haben: Der Opener, das nur zwei Minuten kurze „Circles“ ist in seiner Einfachheit, in seinem Skizzenhaften wie ein Lagerfeuerglücksgriff, während sich das deutlich produziertere „Rivers To The Sea“ als eine Art minimalistisches Bestandteilschichten ausnimmt, das wie im Titel die der Platte die Gezeiten zu wechseln scheint. Somit ist „While The Tides Turn“ ein Meisterwerk aus dem Nichts.
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