Die Pet Shop Boys bleiben souverän
Die Pet Shop Boys sind eine der wenigen Popformationen, deren Musik einerseits genügend Identität mitbringt, um immer wie Pet Shop Boys zu klingen, die aber andererseits auch formbar genug und variabel ist, um die jeweiligen Strömungen an Sounds im Laufe der Jahrzehnte in sich aufzunehmen und also dementsprechend sehr 80s, 90s und so weiter zu klingen. Auf ihrem neuen Album „nonetheless“ haben sie dieses Spiel der amorphen Popidentität im Sinne eines einsetzenden Alterswerk auf die Spitze getrieben, so dass ihre Musik inzwischen so klingt wie eine Art Universalpop - die Songs können im Retroradio laufen, in der Cocktail-Lounge, auf der Tanzfläche und beim Strassenfest; und all dies in Göttingen, in Athen oder San Remo, in Los Angeles, Melbourne und natürlich in ihrer britischen Heimat sowieso.
Erstaunlicher Weise funktioniert dies nicht nur über musikalische Koordinaten, sondern ebenso über die Inhalte ihrer Lieder: Ob sie über sich selber singen, über die Liebe, soziologische Themen, politische gar, ob sie über queere Kultur reflektieren - oder gar wie es auf dem neuen Album geschieht - über deutschen Schlager nachdenken („the schlager hit parade“) - ihre unterkühlte Klugheit, beiläufige und gleichzeitig unheimlich scharfe Bilder zu entwerfen, machen die Songtexte auf gleich-clevere Art universalistisch, dass sie auch jenseits ihrer konkreten thematischen Fokusse funktionieren.
Natürlich bringen diese geschilderten Umstände mit sich, dass die Musik der Pet Shop Boys in erheblichen Masse von den einzelnen Songs abhängt - wenn nicht genug den universalistischen Ansprüchen genügen, wird das Album nix; passiert auch. „nonetheless“ jedoch ist über weite Strecken gelungen, teils brillant: „Feel“ ist klassischer Pet Shop Boys-Synthpop mit plötzlichen Streichern und Captain-Future-Zitaten und ein wundervoll alltäglicher Liebes-Song; „a new bomemia“ ist fast eine 70s-Schmonzette, die mit den Mitteln der späten 80er erzählt wird - und handelt davon, wie schwerer es im Älterwerden wird, gesellschaftliche Identitäten mit Modellcharakter zu finden; „the secret of happiness“ klingt wie ein Chanson aus einem Tanzfilm der 30er-Jahre; und „Bullet For Narcissus“ ist 90s-Dancefloor über Eitelkeit. In der Summe haben wir hier also ein Album, das mit 10 Songs in trockener Gesamtheit die Popmusik als solche vermisst - das können so auch nur Neil Tennant und Chris Lowe.
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