SZS040525 ::: Die Sängerin Clåra singt nicht wie eine Popsängerin, eher als wäre sie Schauspielerin bei einem Liederabend im Schauspielhaus, und ein klein wenig Kleinkunst-Augen-zwinkernd kommt ihr neuer Song „Traumfrau“ daher: Ironischer, zynischer, feministischer Synthiepop: „Und jetzt lächel doch mal mehr, dann fällt’s denn Männern auch nicht so schwer, Dich zu lieben, zu berühren - ihr Verlangen Dich zu spüren“, singt Clåra im Refrain, der dann hintergründig in Operngesang kippt, dass man sich auf einmal an „Austra“ erinnert fühlt - eine Referenz, mit der ich sagen will: Das ist großartige Popmusik. ::: Völlig andere Wiese, auch wenn wir im weitesten Sinne beim Deutschpop bleiben:
Kilian Knight, apropos Referenzen, klingt nach Wave der 80er, „Camouflage“ oder „The Psychedelic Furs“ - aber eben auf Deutsch: „ Ist deine Sicht komplett vereist? Ich will doch einfach, dass du weißt: Du bist im Kämpfen nicht allein, lass es auch meine Sorgen sein.“, lautet die erste Strophe - dieser Wave-Pop ist versiert und trocken, aber Kilian Knight ist auch noch ein wenig am Suchen, ob das alles so passt. ::: Der isländische Synthsoul von
Daði Freyr ist natürlich kein Deutschpop, und am Suchen ist er auch nicht mehr: Flockige Dance-Beats, Retro-Synths und bescheidene Funk-Gitarren-Licks sind hier Programm, und all dies schüttelt Daði Freyr auch mit seiner neuesten Single „I don’t wanna talk“ aus dem Ärmel - wenig Abwechlung? Vielleicht. Aber immer noch unfassbar charmant. ::: Selbiges könnte man über
„Loaded Honey“ sagen, die aus dem „jungle“-Umfeld stammen, und somit sind auch die bei Daði Freyr genannten Pop-Zutaten Flockige Dance-Beats, Retro-Synths und bescheidene Funk-Gitarren-Licks hier drin - hier kommen freilich noch Streicher-Teppiche oben drüber. Herrlich entspannt, bitte noch einen Gin-Tonic. :::
Der Elektropop von „Figur Lemur“ hat sich immer eine soziale Wut in sich, die die Band aus dem Ruhrgebiet lyrisch kanalisieren, ihr trappiger Drum-n-Bass-Sound mag nicht die originellste Pop-Innovation sein, aber textlich gibt es unter Newcomern im Deutschpop derzeit nichts Interessanteres als „Figur Lemur“. In ihrem neuen Song „überhässlich“ finden sich diese Zeilen: „Die Bude macht heute Jahresumsatz / Ein paar Halbstarke werfen auf Red Cups / Es riecht verbrannt in der Stadt / Denn Bratmaxe brennen an / Ne Bande Boomer battelt sich, wer denn den größten Weber hat / ich schwitz, mir rinnt die Suppe an meinem Rücken entlang / Verdammt, die Straße klebt, Teer wie flüssiger Schlamm / Farbe blättert von Fassaden ab / Wunderschöne Tage grad / Ich glaube, ich bin wechselwarm / Der Winter kann mich ma.“ - das ist eine aus Referenzen noch und nöcher zusammen gekochte, einzigartige Kunstsprache: Fantastische Band. :::
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