Wunderbar!

Diebische Freunde

Bildschirmfoto 2023-05-17 um 08.19.55Die Filmfreunde Michael McCain und Agnetha Ivers mit ihrer dritten Single

Keiner weiß so recht, wer Michael McCain & Agnetha Ivers tatsächlich sind, beziehungsweise sie fungieren mit Namen, die man meint zu kennen, in etwas kunstfigürlicher Anonymität, weil wir sie in Wirklichkeit nicht kennen - und mindestens Michael McCain ist ein Pseudonym. Was wir aber wissen, ist, dass dieses Duo im Genre des Filmsongs ohne Film operiert, und auch bei ihrer dritten Single „Peaceless“ ist das so, und somit mutmasslich auch auf ihrem für September 23 angekündigtem Album: „Peaceless“ wäre, wenn es einen Film zum Song gäbe, ein Psychothriller im James-Bond-Milieu mit Ingmar-Bergmann-Vibe - Michael Caine könnte gut und gern darin mitspielen, mithin ist der Künstlername Michael McCain sicher nicht völlig ohne diese Referenz erfunden worden. Und die Sängerin Agnetha Ivers kann dramatische Bögen, die aus einem wie beschriebenen Film zu stammen scheinen, in einen drei-Minuten-Song ersingen - das macht wirklich diebisch-dramatische Freude. /// Link /// "Peaceless" Video ///


Pop- und Soultropfen

Das großartige Album "Mantra" von KAT

Das Intro zoomt sich aus scheinbarer Ferne heran, sphärische Synthie- und Vocal-Flächen schichten sich auf, bis man auf dem Album „Mantras“ willkommen geheissen wird und schliesslich der erste Song beginnt: „Divine“ kommt im verschachtelten 8/4-Takt gleichsam eingängig wie merkwürdig sperrig daher und setzt damit die Klangfarbe für das gesamte Album - auch im lyrischen Sinne: „So listen closely: I don’t have any answers. But I do have a song / I’m a bird, and I sing.“ Davon, wollte man die Songs auf Katdiesem Album auf einen Nenner bringen wollen, handeln eben diese: Von der Kraft der Musik für den Hörenden ebenso wie für die Musizierende KAT, die mit diesem Album eine Krebserkrankung verarbeitet.

Dafür hat sie hat sieben Jazz-Songs auf dieser Platte, von denen Soul und Pop tropfen, und die mit fluffigen Melodien und doppelbödigen Texten nie den einfachsten Weg gehen, sondern sich Trampelpfade durch den Dschungel von Allem, was wir so hören, suchen. Ihre Stimme zieht auf diesen Pfaden viele Register: Von deepem Soul-Timbre über jazzige Konnotationen und flapsige Pop-Beiläufigkeiten bis hin zu flächigen Prog-Klängen ersingt KAT unterschiedlichste Klangfarben und führt ihre Musik damit auch immer wieder aus der Gefahr von harmlosen Lounge-Jazz. Heraus kommt ein erstaunlich ungehörter Popentwurf, den man gerne als Album hört, den man aber sofort auch irre gerne mal live geniessen würde. Ein wirklich faszinierendes Album.

Link: < YouTube-Channel > von KAT (mit Videopremiere der Single "Rose" heute am 21.04.23)


RIP Ryuchi Sakamoto

Ryuchi Sakamoto ist gestorben, und ich muss sagen, dass ich so vieles über den japanischen Komponisten, Musiker, Pianisten, Dirigenten und Vermittler gar nicht weiß - aber eines seiner Alben ist eines meiner all-time-favorites: „Beauty“ aus dem Jahre 1990. Es war dies die Zeit, in der ich vieles, was man damals Weltmusik nannte, hörte, und „Beauty“ ist, wie immer man heute zu dem Begriff Weltmusik stehen mag, voller Welt: traditionelle japanische Instrumente, Flamenco-Gitarren, indische, malische, senegalesische, brasilianische Trommeln, türkische Laute, Jazzmusiker:innen, Chöre und wunderbare Sänger:innen - neben Sakamoto selber, Robert Wyatt, Nicky Holland, Brian Wilson, Laura Shaheen und Youssou N’Dour - um nur einige zu nennen.

Beauty_By_Ryuichi_Sakamoto_1989

Mit dem illustren Kreis an Musiker:innen (Wikipedia listet alleine 35) schichtete Sakamoto einen globalen, homogenen Popsound, einen Weltteppich merkwürdiger Beats und unbekannten Melodielinien, in dem ein altes japanisches Volkslied „Chinsagu no hana“ indisch mit Beat und spanisch mit Gitarre unterfüttert wird, oder Rollings Stones’ „We love you“ als funky Disko-Track eine kurze Reise in die Ägäis und nach Bamako unternimmt. Das Album hat so viele Ideen, Wendungen und Klänge, wie manch Musiker:in nicht in zehn Alben hat, und so viele Überraschungen in den Arrangements und gesungene Sprachen, dass diese Musik an sich schon eine Utopie des menschlichen Miteinanders, des Friedens und der Humanität ist.

Schlicht und ergreifend, ich wiederhole mich, eines der besten Pop-Alben aller Zeiten - hört Euch nur mal "Diabaram" an: Ein paar Akkorde auf E-Piano und die Stimme von Youssou N'Dour sowie später ein Kokyū-Solo - wunderbar! Findet ihr < hier >.


Fragile Kunst

3409aa5d-8951-86c9-4f9e-a1e544acfc1f„Fragile In Love“ heißt die heute erscheinende Single der Aachener Jazz-Sängerin „kat“, und wenn man sie hört, könnte man zur These gelangen, dass derart relaxed-elektronischer Soul derzeit boomt - erst vor zwei Wochen hatten wir es hier im Blog mit Sophie Hallberg zu tun, die in ähnlichen Sphären musiziert. Fragil jedenfalls fliesst dieser Song über fragile Liebe durch die Ohren, nahezu ohne Aufhebens - könnte ich noch einen Martini-Fizz bekommen bitte? Fast schon fällt einem das Wort Lounge ein, das man eigentlich schon wieder vergessen hatte oder gar vergessen wollte, aber das kann nun wieder vergessen, denn hier verklingt die Lounge in einer großen Halle, durch die ein Saxofon aus dem Song führt. Im April veröffentlich „kat“ ihr erstes Solo-Album, so dass man nun nicht mehr auf Sade warten muss. Famoser Song!

Lana-del-rey-ocean-blvd-albumFragile in love, so könnte an sich fast auch jeder Song von Lana Del Rey heißen. Aber für ihr neues Album “Did you know that there's a tunnel under Ocean Blvd“ hat sie, wie es scheint, doch ziemlich an ihrem Sound geschraubt. Das was immer klang wie eine pastellene Reminiszenz an ein Hollywood, das immer schon ein Projektion war, ist nun nicht mehr im Vordergrund, und eine merkwürdige Schonungslosigkeit in der Selbstreflexion scheint an dieselbe Stelle getreten zu sein: „It's not about havin' someone to love me anymore / No, this is the experience of bein' an American whore“ singt sie im Refrain des Liedes, dessen Name „AW“ für eben diese american whore steht. Mit fast schon an écriture automatique erinnernden Lamento durchstöbert Del Rey ihr Empfinden in einem merkwürdig verstörendem Piano-Balladen-Sound, ehe der insgesamt sieben-minütige Song in ein Elektro-Track mündet, in dem verschiedene Zeilen des ersten Teils nur staccato-haft repetiert werden. Mit diesem Lied hat Lana Del Rey ihr Songwriting noch mal auf eine andere Ebene gehoben, ein Art Prog-Pop mit schonungslosem Storytelling und den Klang-Farben einer Lyrikerin, ein Ungetüm von Song, ein Kunstwerk.

YouTube-Audio von "AW" < hier >


Schüchtern tropfen

Eine Entdeckung: Sophie Hallberg

„Rhythm beats don’t touch my soul“, singt Sophie Hallberg, und genau in dem Moment setzt das Schlagzeug ein. Es ist dies nicht die einzige allegorische Rückkopplung zwischen Text und Musik in diesem famosen Song, der „I had it all“ heißt - an anderer Stelle heißt Bildschirmfoto 2023-02-03 um 09.20.44es „Piano chords, they don`t seem much to me at all / Since you’re gone.“ In erster Ordnung scheint hier eine Trennungsgeschichte erzählt zu werden, den die Verlassene singt, aber spätestens mit der zweiten Strophe muss man fest stellen, dass man vielleicht übereilt interpretiert hat und das singende Ich wohl vielmehr ein Fenster der Befreiung aufgestossen hat: „Tasting freedom is like getting high“, heißt es dann nämlich.

Musikalisch ist das Ganze ähnlich vielschichtig. Man könnte sagen, dass hier ein klassischer Popsong mit den Mitteln von Folk und Soul erspielt und jazzig gesungen wird: E-Piano-Akkorde tropfen schüchtern, dann setzt, ich erwähnte es, der fluffige Beat ein, hier und dann umspielen Gitarre und ein Xylophon (oder?) die Melodie, und auf dem Refrain folgt eine vorsichtig in andere Gefilde verweisende Gitarren-Linie. Produziert ist „I had it all“ zurückhaltend und kompakt.

Sophie Hallberg war vor diesem ihrem Debüt als Solokünstlerin 50% des Indiepop-Duos „SweetLemon“, welches musikalisch einen ähnlichen Entwurf verfolgte, und es wäre auch erschreckend, wenn eine solche Pop-Perle wie dies „I had it all“ die erste Veröffentlichung einer Musikerin wäre. Ich bin jedenfalls jetzt schon Fan dieser Musikerin und freue mich auf eine noch für den ersten Teil des Jahres angekündigte EP.

Link: < Video >-Premiere am 03.02.23, 16 Uhr

 


Poltische Lieder

/// Songs zum Sonntag /// 150123 ///

Why_from_hell_cover/// Der orchestrale Popentwurf, der hinter dem Song „Why From Hell To Redemption“ steckt, fände vielleicht auch auf dem ESC seinen Platz, zumal der verbindende Ansatz, mit dem der Song auf die „women life freedom“-Bewegung im Iran aufmerksam machen will, eine ähnliche Hintertür für ein politisches Statement sucht und findet, wie es beim per se ja unpolitischen Eurovision Songcontest oft gemacht wird. Mit 0-8-15-Pop haben wir es hier freilich aber nicht zu tun. Der Song stammt von Michael Mc Cain, ein offenbar bekannter Produzent und Komponist, der nun ein Pseudonym benutzt, und der Sängerin Agneta Ivers. Er beginnt mit der präsenten Stimme dieser: „See their faces watching over me over me“, und darunter brummen merkwürdige, tiefe Blasinstrumente, das orchestrale Klangbild reichert sich dann mit Streichern, Glocken und einem einfachen Beat. ESC war meine erste Assoziation, aber man könnte sich auch in einem Fall befinden, im Abspann einer Netflix-Serie mit Fantasy-Mittelalter und viel Pathos. Wenn sich ein Song zu solch einem Kitsch aufplustert, kann man mal wieder sehen, zu was Tollem Pop in der Lage ist. Bildschirmfoto 2023-01-15 um 13.58.27/// Andere Band, anderer Sound, andere Sprache - fast Alles ist anders bei „ok.danke.tschüss“; dennoch könnte man eine Parallele zwischen deren neuem Song „Soldat“ und dem zuvor thematisierten von Michael Mc Cain  und Agneta Ivers ziehen: Beide sind der Versuch eines politischen Liedes. Während aber „Why From Hell To Redemption“ erwähnte Hintertür sucht und die Lyrics allenfalls über den Umweg einer poetischen Deutung ein politisches Statement setzen, sind „ok.danke.tschüss“ direkter und konkreter: „Soldat“ ist letztlich die Aufforderung zu desertieren: „Soldat, leg die Waffen nieder, Du hast soviel zu verlieren. Soldat, kehr heim, und komm nie wieder, was willst Du Deinen Kopf riskieren. (…) Soldat lass und älter werden und nicht vor unseren Eltern sterben.“ - diese Lyrics der großartigen Songtexterin Eva Sauter dieser wunderbaren Band erinnern fast an politische Liedermacher:innen wie Walter Mossmann oder Wolf Biermann (der tatsächlich auch mal ein Lied namens „Soldat“ geschrieben hat.) Bei „ok.danke.tschüss“ ist diese ernste, pazifistische Note eine neue Dimension, denn in dem bisherigen Songkatalog (sprich: in einigen Singles und ihrem bislang einzigem Album „kaputt weil’s nicht funktioniert“) finden sich keine explizit politischen Songs - mich bewegt das; sehr. Auch wenn ich zugebe, dass mich „ok.danke.tschüss“ auch bewegen würden, wenn sie das Telefonbuch sängen. ///

/// Links /// „Why Hell Before Redemption“ < Video > /// "Soldat" < bandcamp audio > ///


Big Sister

„Songs zum Sonntag“-Spezial: Der erste Song von Peter Gabriels neuem Album nach 21 Jahren Pause

Dass Peter Gabriel kein TikTok-affinen Song veröffentlicht, ist jetzt natürlich keine Überraschung - ein Künstler, der sich einst weigerte, seinen Song „Down To Earth“ für den Auftritt bei der Oskar-Verleihung auf drei Minuten zu kürzen, nimmt sich auch bei  PeterGabriel_Panopticom-jpeg-copy-734x734seiner ersten Single für das erste neue Album seit über 20 Jahren die Zeit, die er braucht; aber wenn man das dann hört, merkt man den eigenen Hörgewohnheiten dann schon an, dass ein Song, der ein Intro in drei Teilen hat, und bei dem der Gesang erst nach 50 Sekunden einsetzt, heute eine Ausnahmeerscheinung ist. „Panopticom“ heißt er, und er klingt ohne Zweifel nach Peter Gabriel - wollte man als Sound-Referenz eines seiner Vorgänger-Alben nennen, es wäre wohl sein letztes, „Up“ von 2002: Verschiedenste Song-Teile, die ineinander gleitend Flächen öffnen, trockene Beats in schroffe Sphären schieben, Synthklavier-Töne tropfen lassen und sich in Refrains nach oben öffnen, was der gute Peter so unvergleichlich singen kann; es ist sozusagen Gabriel-Handwerk, und es macht den Fan natürlich glücklich.

„Panopticom“ ist die Vision eines positiven Big Brothers, Big Sister nennt Gabriel es in einem < Video >, in dem er über seine neue Platte spricht; die Idee, dass Ungerechtigkeiten nie und nirgends mehr unsichtbar bleiben. Der Song steht somit in in direktem Zusammenhang mit der von Gabriel mit gegründeten Menschenrechtsorganisation „witness“ (Link < hier >), die Bürger:innen von Unrechtsstaaten Kameras zu Verfügung stellt, um jene Sichtbarkeit zu erreichen, die er nun also in den Song „Panopticom“ besingt. (*) Und diese poetische Naivität als Nebenzweig tatsächlichen Menschenrechtsaktivismus ist offenbar im Allgemeinen der Kosmos, in dem das kommende Album von Peter Gabriel „i/o“ verortet ist. Mithin ein zunächst etwas trocken anmutendes Thema für Musik, aber Peter Gabriel hat auch schon Emotionen aus ein Lamm, dass sich auf dem Broadway ausruht, oder einem Schmiedehammer heraus geholt. Dennoch: Ein Liebeslied wie „In your eyes“ oder ein Smash-Hit wie Sledgehammer werden wir wohl nicht mehr serviert bekommen; ach aber - wer weiß.

Mit jedem Vollmond wissen wir ab sofort mehr, denn mit jedem Vollmond erscheint ab sofort eine neue Single seines vierten 2-Buchstaben-Albums (nach „So, „Us“ und „Up“), und ich werde mich um Neutralität bemühen; und daran scheitern - bin dann zu sehr Fan und hatte Tränen in den Augen als am Freitag „Panopticom“ erschien.

*- Gabriel nennt noch zwei weitere Organisationen, um zu verdeutlichen, was er mit seiner Idee des Panopticoms meint, die beide Daten-Forensik betreiben: "bellingcat" und "forensic architecture" 


Alben & Songs des Jahres

Bildschirmfoto 2022-12-14 um 11.32.02... wie immer unfassbar subjektiv und ebenfalls wie immer habe ich bei den Songs nur solche reingenommen, die nicht auf einem der Alben des Jahres sind. Nicht wie jedes Jahr habe ich in diesem Jahr als jemand, der nicht streamt, deutlich weniger Neues gehört als sonst, wodurch mir bestimmt tolle Musik entgangen ist - wie gesagt: Unfassbar subjektiv halt.

ALBEN

01 Florian Paul & die Kapelle der letzten Hoffnung / auf Sand gebaut < Huldigung >

02 M / Révalité < Link-Tree >

03 Katie Melua & Simon Goff / Aerial Objects < Playlist Youtube >

04 Ariane Roy / Medium Plaisir < Website >

05 Sona Jobarteh / Badinyaa Kumoo < Website >

06 Laura Veirs / Found Light < Bandcamp >

07 Tocotronic / nie wieder Krieg < Narrativer >

08 Tears For Fears / The Tipping Point < Poptickers Lob >

09 Maggie Rogers / Surrender < Website >

10 Nits / Neon < nicht nur Dutch Mountains >

SONGS

01 Camille / Humaine(Herbert Grönemeyer-Cover) < official audio >

02 Ka2 & Gabrielle / i natt < official audio >

03 Lana Del Rey / Did you know that there is a tunnel under Ocean Boulevard < official audio >

04 Herbert Grönemeyer / Deine Hand < video >

05 Fishbach / Masque D’Or < video >

06 S10 / De Diepte < ESC >

07 Camilla Cabello / Bam Bam < echt jetzt? >

08 Les sœurs Boulay / Les lumières dans le ciel

09 Dominique Fils-Aimé / Go Get It < video >

10 Deichkind / in der Natur < video >


Songs zum Sonntag /// 271122

Bildschirmfoto 2022-11-27 um 12.57.28/// „Flattern deine Haare wie die Fahnen schon im Wind? / Schau rauf zu den Sternen und wo Wildgänse sind / Enthebe dich der Schwere heb uns senke deine Brust / werde nicht viel größer als du sein mußt.“ - für diese Zeilen bekommt Charlotte Brandi wohl den Preis für den merkwürdigsten Songtext des Jahres, und ich kann euch versprechen: Der soeben erschienene Song „FRAU“, der mit diesen Zeilen beginnt, geht so kryptisch weiter. Er ist von der Musikerin Charlotte Brandi, die, nachdem sie nicht mehr Englisch sondern Deutsch singt, mit einer EP und zwei Singles ihres bald erscheinenden Albums eine Kunstsprache für Lieder erfunden, deren Mehrbödigkeit stetig zwischen Kitsch und Quatsch taumelt. „FRAU“ singt sie zudem in einer virtuosen Hilflosigkeit gleichzeitig kindlich zerbrechlich wie selbstbewusst und entrückt, das man Popmusik am wenigsten erwartet, ehe man konsterniert fest stellt, dass eben diesen, Popmusik, gerade hört. Vielleicht geht es also ums Gefallen, mit rationalen Mustern kann man dieses Lied und alles bisherigen deutschsprachigen Lieder von Charlotte Brandi nicht fassen, und ich kann nur sagen: Mit gefällt es wahnsinnig gut. Hört (und seht) Euch das mal an - < hier > ist der Link zum Video.  Meela/// Gemächlich lässt es die Münchnerin MEELA angehen. Ihr ebenfalls am Freitag veröffentlichter Song „Late Night Strolls“ erzählt von Einsamkeit und leiser Hoffnung: „My mind is alone with me /The darkness fulfills / All the shatters no one can see.“, aber die Gedanken an jemanden, an ein Du sind der titelgebende Strohhalm, an den sich das singende Ich klammert. Marketingtechnisch ist diese Veröffentlichung quasi ein Debakel: Wer Aufmerksamkeit auf sich lenken will und dabei ein Lied darüber singt, jenseits jeder Aufmerksamkeit mit seinen Gedanken allein zu sein, und dies in derart zerbrechlicher Zurückhaltung und Bescheidenheit tut, der macht nach heutigen Massstäben vermutlich viel falsch; aber vielleicht auch alles richtig, denn der Song schert sich nicht um Marketing - er ist vielmehr eine kleine, stille Indie-Folk-Perle mit zerstäubter Melodie und minimalem Arrangement - wunderschön. < hier > könnt ihr euch selber ein Bild machen///